In Memoriam Peter Tauth

Im Laufe des Lebens begegnet man vielen Menschen, einige sieht man nur für kurze Zeit, andere dagegen bleiben längere Zeit oder sogar dauerhaft im Blickfeld. Dabei lernt man die unterschiedlichsten Personen kennen, nette und weniger nette, darunter einige, an die man sich immer gern erinnert und die im Gedächtnis bleiben. Solch ein Mensch, der dauerhafte Spuren hinterlassen hat, ist Peter Tauth. Vor kurzem ist er einer Krebserkrankung erlegen. Er wird nicht nur von seiner Frau Evelyn sehr vermisst, sondern von all denen, die ihn kennenlernen durften.

Peters Leben war ohne Musik nicht denkbar. Mit knapp 20 Jahren wollte er alle Konventionen hinter sich lassen und fuhr mit seiner Gitarre nach Frankreich, um Straßenmusik zu machen. Er lernte auf diese Weise fast ganz Frankreich kennen, besonders mochte er aber die Westküste, von Bordeux angefangen bis hinauf in die Bretagne. Eine spezielle Liebe verband ihn mit St. Malo, auch aus persönlichen Gründen. An für sich wollte er von Frankreich aus noch nach Indien weiterfahren und sich unterwegs weiterhin von Straßenmusik leben, er gab diesen Plan jedoch auf und fuhr stattdessen per Anhalter nach Marokko, wo er eine Zeitlang blieb. Wegen bürokratischer Schwierigkeiten kehrte er dann doch wieder nach Frankreich zurück und verbrachte dort noch einge Jahre als Straßenmusiker.

Etwa zehn Jahre war Peter Tauth im Ausland unterwegs, dann kehrte er wieder nach Deutschland zurück. Er machte dies und jenes und probierte verschiedene Dinge aus, bis er mit 32 Jahren eine Ausbildung als Erzieher machte und später ein Studium für Soziale Arbeit durchführte. Nach dem Studium entschloss sich Peter für die Betreuung von Senioren im Seniorenheim, es wurde für ihn nicht nur ein Beruf, sondern es war auch seine Berufung. Er übte seinen Beruf mit viel Elan und Begeisterung aus, das merkte man sehr schnell.

Peter war ein Allroundtalent, er machte nicht nur seine eigentliche Arbeit als Sozialarbeiter, sondern er gestaltete auch öfter Unterhaltungsnachmittage, bei denen er Alleinunterhalter war, vor allem mit seinem Lieblingsthema „Elvis Presly“. Aber er war genau so brillant, wenn er Gospels, Country-Musik oder auch Volkslieder sang und spielte. Diese Nachmittage fanden immer im Speise- und Aufenthaltsraum des Heimes statt. Als das jedoch wegen Corona und den damit verbundenen Kontaktbeschränkungen im Haus selbst nicht mehr möglich war, gab er seine Konzerte vom Garten aus, die Heimbewohner konnten von ihren Balkonen aus zusehen oder sich selbst im Garten aufhalten.

Unterhaltungsshows mit Peter Tauth in Corona-Zeiten vom Garten aus

Ein weiteres Talent von Peter entdeckte ich, als ich bei der Auswahl der Themen für die Hauszeitung des Seniorenheimes mithalf (ich war zwar nicht Heimbewohnerin, aber ich war Redaktionsmitglied, da ich regelmäßig Beiträge für die Zeitung schrieb). Peter hatte mehrere Beiträge über die Musikgeschichte verfasst, für die er vorher sorgfältig recherchiert und Bilder dazu passend ausgesucht hatte. Die Heimbewohner mochten diese Artikel sehr, war ihnen doch noch vieles aus Filmen bekannt.

Als bei der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 auch das Seniorenheim stark betroffen war und der Keller mit dem Computerraum und einigen Instrumenten von Peter Tauth durch das Wasser zerstört wurden, wurden auch zahlreiche Unterlagen vernichtet, unter anderem die für die Hauszeitung des Heims. Glücklicherweise habe ich einige Exemplare der Hauszeitung aufbewahrt.

Da die Beiträge von Peter über die Musik im Film nicht nur den Heimbewohnern, sondern auch mir immer sehr gut gefallen haben, möchte ich auch anderen ermöglichen, sie (mit Peters vorherigem Einverständnis) zu lesen und einiges an Neuem zu erfahren:

3. Teil der Musikgeschichte im Film von Peter Tauth „Musik im Film“, im Heft 3/2019

Die fünf Seiten des Beitrags von Peter Tauth in Heft 1/2020 „Musik im Film“

Wie in jeder vorigen Ausgabe erschien auch im Heft 2/2020 wieder ein Beitrag von Peter Tauth, es war sein fünfter Beitrag zur Musikgeschichte:

„Musik im Film“ von Peter Tauth

Peter Tauth zur“Musik im Film“ Heft 03/2020

Peter war immer zur Stelle, wenn es etwas zu tun oder zu regeln gab. So trug er z.B. einige der Heimbewohner selbst die Treppen hinauf, als das Hochwasser das Erdgeschoss zu überfluten drohte und der Fahrstuhl nicht mehr funktionnierte. Ihm war nichts zu viel, er machte alles, ohne erst groß darum gebeten zu werden.

Leider konnte Peter seinen Beruf nach 12 Jahren wegen einer schweren Krebserkrankung (Speiseröhrenkrebs) nicht mehr ausüben, er musste sich inzwischen zahlreichen Behandlungen unterziehen und konnte lange Zeit auch nicht mehr singen.

Umso erfreuter waren alle, als Peter ankündigte, am 11. Mai 2023 wieder ein Elvis-Presley-Konzert im Seniorenheim zu geben, bei dem er so hervorragend sang, wie vor der Erkrankung. Es war erfreulich, zu erleben, wie Peter wieder die Heimbewohner begeisterte, von Tisch zu Tisch ging, mit ihnen redete und sie „mitnahm“ wie eh und je.

Peter Tauth bei seiner ersten Elvis-Show nach längerer krankheitsbedingter Pause

Elvis Presley gehörte für Peter nach wie vor zu den bedeutendsten Musikern, deshalb wollte er schon lange in den USA ein wenig auf den Spuren seines Idols wandeln. Im Jahr 2020, kurz vor Beginn der Einschränkungen durch Corona, gelang es ihm endlich, mit seiner Frau Evelyn in die USA zu fahren und auf Spurensuche von Elvis Presley zu gehen.

Wie schon früher bezog Peter die Senioren mit ein, und die Leute lieben ihn dafür wie eh und je

Noch nie habe ich jemanden wie Peter Tauth erlebt, der den Senioren stets „auf Augenhöhe“ begegenete und sie wie besondere Freunde behandelte. Er hatte die Gabe, sich auf jeden einzelnen einzustellen und ihn dann so zu behandeln, wie es dem Betreffenden gerade guttat. Das hatte er zwölf Jahre lang im Seniorenheim so gemacht, die Erkrankung hatte jedoch manches für ihn und die Heimbewohner verändert, aber trotzdem standen bei Peter Tauth die Menschen und die Musik im Vordergrund, das merkte man immer wieder, wenn er zu Besuch ins Heim kam.

Nach seiner ersten Chemotherapie-Behandlung ging es Peter so gut, dass er wieder singen und für die Senioren da sein konnte. Nach einer zusätzlichen Immuntherapie konnte er vsogar erschiedene Auftritte in Deutschland wahrnehmen. Es war ihm immer wichtig, für die Menschen singen und ihnen Freude machen, seien es Gospels z.B. in der Kirche, Shows auf Bühnen am Marktplatz oder anderes, er liebte alles.

Das ist ihm nun nicht mehr vergönnt, am 30.03.2024 ist er seinem Krebsleiden erlegen. Er hatte noch so viel Hoffnung und so viele Pläne, jetzt kann er nicht mehr singen, spielen oder mit anderen Dingen Freude machen. Bis zu seinem Tod war es mir glücklicherweise möglich, mit ihm telefonisch in Kontakt zu bleiben, dafür bin ich sehr dankbar.

17 Kommentare zu „In Memoriam Peter Tauth

  1. Liebe Marie,
    so wie sich dein sehr ausführlicher und faszinierender Beitrag liest, ist dieser Peter Tauth ein wirklich ganz besonderer Mensch! Entsprechend auch die außergewöhnlichen Spuren welche er hinterlässt und es macht mir gerade sehr viel Spaß diese Legenden aus Film und Funk aus alter Zeit, teils wieder in meinen Erinnerungen aufleben zu lassen!
    Finde es auch ganz toll, wie aktiv du selbst in dem Seniorenheim warst und ich wünsche Peter Tauth mit großem Respekt von ganzem Herzen alles Gute! Vor allem auch, dass er den Kampf gegen diese heimtückische Erkrankung gewinnt und weiterhin mit seinem Gesang noch jede Menge seiner herrlich nostalgischen Auftritten den vielen Menschen im Seniorenheim viel Freude macht, mehr als nur ein Lächeln ins Gesicht zaubert!
    Liebe Grüße, Hanne

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  2. Über Deinen ausführlichen Kommentar habe ich mich sehr gefreut, ganz herzlichen Dank dafür. Der Beitrag ist eine Hommage an Peter, den ich erst nach und nach durch seinen enormen Einsatz richtig kennen- und schätzengelernt habe. Auch ich wünsche ihm von Herzen, dass die Behandlungen anschlagen und er sein Leben so weiterführen kann wie in den letzten Monaten.
    Liebe Grüße, Marie

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    1. Muchas gracias por tu amable comentario, Santiago. Fue una buena experiencia conocer y apreciar a una persona tan versátil como Peter. Él es un gran activo para las personas mayores del hogar. Te saludo hasta México con la amistad, admiración y el respeto de siempre.

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  3. Ein faszinierendes Porträt von jemandem, der das Leben voller Freude führte und gleichzeitig seine Talente zum Wohle anderer einsetzte. Vielen Dank, dass Sie seine Geschichte geteilt haben, Marie. LG, A.

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    1. Vielen Dank, liebe Anna. Peter war ein ungewöhnlicher Mensch, ein ehemaliger Straßenmusiker, der hervorragend Musik machte und sich dann im Seniorenheim enorm liebevoll um die Senioren kümmerte. LG, Marie

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